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Teil 2, Dr. Stephan Witt im Interview: Digitalisierung und die Zukunft des Maschinenbaus im Fokus

Teil 2, Dr. Stephan Witt im Interview: Digitalisierung und die Zukunft des Maschinenbaus im Fokus

Dr. Stefan Witt, seit Mitte 2021 Vorstandsmitglied der Jagenberg Holding, spricht im zweiten Teil des Interviews über Digitalisierung, die Zukunft des Maschinenbaus und persönliche Visionen in seiner Rolle als Chief Operating Officer der Gruppe.

Herr Dr. Witt, die Stichworte Digitalisierung und Industrie 4.0 bewegen die Industriewelt. Wie sehen Sie die Jagenberg Gruppe hier aufgestellt?


 

Unsere Unternehmen Kampf und Lebbing setzen sich von jeher intensiv mit der Digitalisierung auseinander. Das macht dieses wichtige Thema zu einem essenziellen Bestandteil unseres Geschäftsmodells. Auf dem erarbeiteten Vorsprung dürfen wir uns jedoch nicht ausruhen. Aufgrund der Dynamik der Entwicklungen ist es vielmehr wichtig, ihn beizubehalten bzw. nach besten Kräften weiter auszubauen.

Längst geht es im Maschinenbau um mehr als die reine Lieferung von Maschinen. „Made in Germany“ ist zwar ein Qualitätsmerkmal – aber eben nicht länger zentrales Alleinstellungsmerkmal. An erster Stelle begreifen wir uns folglich als Lösungsanbieter. Es ist uns ein Anliegen zu verstehen, was unsere Kunden machen möchten, was ihre Ziele sind, welche Prozesse, Logistik und Methodik dahinterstehen. Neben der Wahl von Materialien beinhaltet dies vor allem eine digitale Datenbasis. Dieses Verständnis haben wir bereits 2014 sowohl innerhalb der Gruppe als auch in jedem einzelnen Unternehmen verankert. Das macht die Digitalisierung zu einem wesentlichen, äußerst präsenten Baustein für unsere Zukunft.

"... das Thema „Nachhaltigkeit“ profitiert enorm von dieser Entwicklung. (...) Wir arbeiten mit viel Engagement daran, eine gut funktionierende Kreislaufwirtschaft zu etablieren."

Dr. Stephan Witt,
COO Jagenberg AG

Gerade das Thema „Nachhaltigkeit“ profitiert enorm von dieser Entwicklung: Mithilfe moderner Methoden und Informationstechnologien können wir die gesamte Wertschöpfungskette vom Rohmaterial bis zum fertigen Produkt miteinander verbinden. Jagenberg Digital Solutions, Kampf und Lebbing verfügen hier bereits über ein sehr fortschrittliches Lösungsangebot. Kampf ist beispielsweise in der R-Cycle-Initiative aktiv und setzt sich dort dafür ein, Materialen wiederverwertbar zu machen und auch Produkte, die am Ende ihres Lebenszyklus angekommen sind, als potenziellen Rohstoff zu begreifen.

Lassen Sie uns offen darüber reden: Unsere Maschinen kommen in sensiblen Bereichen zum Einsatz, und Plastikabfälle sind ein ernstzunehmendes Thema, das nicht nur die Weltmeere bedroht. Deshalb arbeiten wir mit viel Engagement daran, eine gut funktionierende Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Die Industrie ist meiner Ansicht nach gefordert, sich ihrer Verantwortung zu stellen und Lösungen zu präsentieren. Wir als Maschinenbauer stehen damit in der Pflicht, die Hardware und die intelligente Datenverarbeitung zu liefern, die das möglich macht.

"Wir stehen als Maschinenbauer in der Pflicht, nicht nur die Hardware, sondern auch intelligente Datenverarbeitung zu liefern."

Dr. Stephan Witt, COO Jagenberg AG

Gleichzeitig sei betont: Digitalisierung ist ein wichtiger Bestandteil der DNA unserer Firmengruppe. Ich bin mir deshalb sicher, dass wir allen Herausforderungen positiv begegnen können. Schon in der Vergangenheit hat die Jagenberg Gruppe dies unter Beweis gestellt und sich in Situationen des Umbruchs reaktionsschnell neu aufgestellt. Als beispielsweise die digitale Fotografie ihren analogen Vorgänger überrollte, musste Kampf innerhalb von nur zwei Jahren gravierende Veränderungen kompensieren, weil der größte Kunde wegbrach. Gelingen konnte dies nicht zuletzt dank unseres von jeher umsichtig agierenden Holding-Inhabers sowie unserer hohen Eigenkapitalquote. Als Unternehmen sind wir nicht getrieben, sondern verfügen über ein hohes Maß an Resilienz. Dies – wie auch das Vertrauen, das unser Inhaber in uns setzt – macht es uns möglich, langfristig zu denken und zu planen.

Die Vernetzung mit anderen Stakeholdern aus der Branche bietet viele Chancen. Sie engagieren sich bereits in verschiedenen Initiativen und Projekten. Inwiefern können Kampf und Jagenberg Digital Solutions von diesem Engagement profitieren?


 

'Visions' ist ein großes Wort, und die Antwort auf diese Frage muss ich ein Stück weit offenlassen. Ich entscheide nicht alleine. Was ich jedoch sagen kann: Anders als die so genannten Visionäre unserer Zeit leben wir bei Jagenberg täglich die Tradition unseres Unternehmens und die Verantwortung für 1.300 Mitarbeitende und ihre Familien.

Vision ist heutzutage fast immer gleichbedeutend mit Disruption. Meine Vision für die Jagenberg Gruppe ist von Kontinuität geprägt, nicht von Umbruch. Ich möchte vielmehr die Jagenberg AG auf den Maschinenbau der Zukunft ausrichten und die Synergien der Gruppe noch intensiver ausschöpfen. Unsere Aufgabe als Unternehmensgruppe ist es, stärker vernetzt zu denken, europa- und weltweit, nach innen und nach außen. Bereits heute kooperieren wir bei der Entwicklung von Lösungen sehr frühzeitig mit unseren Kunden. Ergänzend pflegen wir Kontakte und Netzwerke mit Lieferanten und Forschungseinrichtungen. Davon profitieren alle enorm.

Dieses Mindset findet Ausdruck in unserem Leitmotto CREATE.FUTURE.TOGETHER. Wir gestalten unsere Zukunft gemeinsam – für uns als Unternehmen, als Gemeinschaft und als Individuen. Ich bin überzeugt: Mit dieser Philosophie sind wir auf einem absolut richtigen Weg und werden das, was wir heute schon tun, in einigen Jahren noch viel besser machen!